Rekultivierung: Vom Loch zum See

Wenn der Kohleabbau beendet ist, ist der Tagebau-Betreiber für die Rekultivierung der Landschaft zuständig. Eine beliebte Lösung ist dabei häufig das Fluten der Löcher zu Tagebau-Restseen. Doch künftig stellt sich die Frage, wo das ganze Wasser für die Flutungen herkommen soll – dies betrifft auch das Mitteldeutsche Revier.

Die Gewinnung von Braunkohle zerstört Landschaft und Böden. Ist der Abbau an einem Standort beendet, ist der Tagebau-Betreiber laut Bundesbergbaugesetz (BBergG) zur Rekultivierung des Restlochs verpflichtet. Das heißt, er muss dafür sorgen, dass aus dem Tagebau-Restloch wieder Landschaft wird. Der Prozess der Rekultivierung ist enorm komplex und muss standortspezifisch entschieden werden: Wie sind der nährstoffspezifische, geologische und morphologische Ausganszustand? Wie ist die Abbautiefe und um welche Flächengröße handelt es sich? Wie ist der Grundwasserstand und die Beschaffenheit des Grundwasserkörpers? Wenn die Kohle abgebaggert ist bleibt zunächst ein riesiges Mengendefizit, d.h. ein Loch im Boden. Ein Teil der Fläche wird dann häufig wieder mit Substraten verkippt, sprich zugeschüttet. Diese sogenannten Kipp-Substrate sind meist nährstoffarm bis sauer und stellen eine erhebliche Verschlechterung der Bodenqualität gegenüber der ursprünglichen humus-, und lößreichen Schichten Mitteldeutschlands dar. Die neuen Böden sind von deutlich schlechterer Qualität als ihre Vorgänger, können wenig Wasser speichern und bieten eine ungünstige Ausgangslage für das Wachsen neuer Landschaften. Dennoch werden die verkippten Flächen dann meist zur Land- oder Forstwirtschaft genutzt oder im Zuge einer Renaturierung als Biotope unter Naturschutz gestellt.

Häufig die einfachste Möglichkeit ist es, die Tagebaurestlöcher stattdessen als Bergbaufolgeseen zu rekultivieren. Es gibt ohnehin nicht genügend Boden, um großflächig alle Löcher wieder aufzufüllen. So werden die Löcher stattdessen geflutet - dies ist für die Unternehmen meist eine vergleichsweise kostengünstige und damit attraktive Lösung. Auch anliegende Kommunen und Anwohnende begrüßen die neuen Seen häufig durch die Verbesserung der Lebensqualität und Eröffnung neuer Erwerbsquellen. In Profen ist die MIBRAG seit 1994 für die Rekultivierung der Bergbaufolgelandschaft zuständig [1]. Im Zuge dessen entstand unter anderem der Werbener See in Profen Nord auf sächsischer sowie das Erholungsgebiet Mondsee Hohenmölsen auf sachsen-anhaltischer Seite. Nachdem der Braunkohleabbau und Verkippungsmaßnahmen in Profen beendet sind, sollen voraussichtlich zwei neue Tagebau-Restseen in der Region entstehen: der Domsener- und der Schwerzauer See [2]. Durch den vorgezogenen Kohleausstieg erarbeitet die MIBRAG aktuell ein überarbeitetes Revierkonzept, weshalb die genauen Pläne der Öffentlichkeit im Moment nicht zur Verfügung stehen.

Der Mondsee bei Hohenmölsen ist ein kleines, geflutetes Tagebau-Restloch bei Profen. Hier ist ein Naherholungsgebiet entstanden. © IMAGO, Foto: Rainer Weisflog

Obwohl die Flutung auf den ersten Blick durchaus eine attraktive Lösung darstellt, sind die Prozesse mit vielen Schwierigkeiten und Herausforderungen verbunden. Die größte Frage beim Fluten ist die der Wasserverfügbarkeit: Bislang wurden Tagebau-Restseen zu einem großen Teil mit abgepumptem Grundwasser aus aktiven Tagebauen befüllt. Es ist dabei keine Option, die Seen einfach „von selbst“ mit eigenem Grundwasser wieder volllaufen zu lassen. Grund dafür ist zum einen, dass dieses einfließende Grundwasser aufgrund hoher Belastung mit Eisen und Sulfat sehr sauer und hydrochemisch ungeeignet ist. Andere Probleme ergeben sich aus der schweren Planbarkeit vor dem Hintergrund des Klimawandels, der Gefahr rutschender Böschungen und der extremen Langwierigkeit dieses Prozesses. 

Skizze Überleitung von Fließgewässer in Tagebau-Restloch. © Franziska Stübgen

Mit anderen Worten: Die Löcher füllen sich nicht von selbst und gleichzeitig wird nach dem Kohleausstieg nicht weiter die Möglichkeit bestehen, die Restlöcher mit abgepumptem Wasser aus anderen aktiven Tagebauen zu füllen. Doch woher soll das viele Wasser dann stammen? Hier liegt die Krux. Bisher wird besonders für Profen diskutiert, die Flutungen durch Einleitungen aus der Weißen Elster zu realisieren. Nach Planungsunterlagen aus dem Jahr 2019 sollen dafür insgesamt rund 500 Millionen Kubikmeter Wasser aus dem Fluss entnommen werden [3]. Bisher ist noch unklar, wie sich die Zahlen im neuen Revierkonzept ändern werden. Das Problem beim Einleiten der Flüsse besteht vor allem darin, dass diese oft ihrerseits mit Niedrigwasser zu kämpfen haben. Die Weiße Elster wird selbst aktuell noch mit Einleitungen von abgepumptem Tagebauwasser gestützt. Diskutierte Alternativen könnten beispielsweise sein, die Pumpen in den Tagebauen auf Kosten der Grundwasserkörper noch weiter laufen zu lassen oder gar kosten- und ressourcenaufwendig Überleitungen von der Saale zu errichten. Eins ist sicher: Es gibt keine einfache Lösung, diese riesigen Löcher künstlich zu füllen. Vor dem Hintergrund der Klimakrise und steigender sommerlicher Trockenheit verschärfen sich die Probleme zusätzlich und die Planungen und Modelle sind mit großen Unsicherheiten behaftet.

Nach abgeschlossener Flutung sind die Herausforderungen nicht gemeistert: einige Probleme fangen mit der Rückkehr des Wassers häufig erst an.

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Außerdem haben wir mit Dr. Mareike Pampus vom Institut für Strukturwandel und Nachhaltigkeit gesprochen. Sie beschäftigt sich intensiv mit der Rekultivierung von Bergbaufolgelandschaften und spricht mit uns über die Komplexität der Rekultivierungsprozesse und was es braucht, um jene nachhaltig und gerecht zu gestalten.

© Mareike Pampus
Einzelnachweise:

[1]LMBV (2016): Mitteldeutsches Braunkohlerevier Wandlungen und Perspektiven. Online unter: https://www.lmbv.de/medium/19-profen/

[2]MIBRAG (2018): Aktualisiertes Vorsorgekonzept von MIBRAG zur finanziellen Sicherstellung der Wiedernutzbarmachung und etwaiger Nachsorgeverpflichtungen der Tagebaue Profen und Vereinigtes Schleenhain. Online unter: https://www.oba.sachsen.de/download/VSV003.pdf

[3]BET (2020): Ermittlung von Folgekosten des Braunkohletagebaus bei einem gegenüber aktuellen Braunkohle- bzw. Revierplänen veränderten Abbau und Bestimmung der entsprechenden Rückstellungen. Online unter: https://www.bet-energie.de/fileadmin/redaktion/PDF/Studien_und_Gutachten/Gutachten_Folgekosten/Gutachten_Folgekosten_Braunkohleausstieg_Abschlussbericht.pdf

Literatur und weiterführende Informationen:

Dt. Bundestag (2020): Zur Wiedernutzbarmachung von Tagebau-genutzten Flächen. Online unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/908730/32e8e6ba6f555d9fe8e8932c17948878/WD-8-024-22-pdf-data.pdf

Heinrich-Böll-Stiftung (2015): Kohleatlas - Weiterleben nur auf Pump. Online unter: https://www.boell.de/de/2015/06/02/natur-weiterleben-nur-auf-pump

LMBV (2016): Mitteldeutsches Braunkohlerevier Wandlungen und Perspektiven. Online unter: https://www.lmbv.de/medium/19-profen/

LMBV (2020): Den Boden für die Zukunft bereiten – Rekultivierung von Bergbaufolgelandschaften. Online unter: https://www.lmbv.de/medium/rekultivierung-von-bergbaufolgelandschaften/