Schwimmen in Problemen?

Sind die Restlöcher geflutet, fangen viele der Probleme erst an: hohe Verdunstungsraten auf den offenen Flächen, chemische Belastung und Versauerung des Wassers sowie instabile Böschungen sind die Hauptprobleme bei Tagebau-Restseen. Klar ist: Die Schwierigkeiten rund um Kohletagebau und Wasser werden uns noch jahrzehntelang beschäftigen.

Der Zwenkauer See im Mitteldeutschen Revier im Süden von Leipzig weist viele der typischen Probleme eines Tagebau-Restsees auf. © Daniel Sporbert

Mit der Rückkehr des Wassers fangen viele Probleme in den entstandenen Tagebau-Restseen erst an. Eine große Schwierigkeit ist die chemische Belastung: Da die Tagebaue während des Kohleabbaus entwässert werden, kommt Sauerstoff in die zuvor mit Grundwasser gesättigten Bodenschichten. Durch die Belüftung werden zahlreiche chemische Reaktionen und insbesondere Oxidationen im Boden in Gang gesetzt. Beim Wiederanstieg des Grundwassers bei den Flutungen werden Sulfat-, Eisen- und Wasserstoffionen freigesetzt und in den See gespült. Diese Ionen führen zu einer Versauerung des Sees. Um dem niedrigen pH-Wert entgegenzuwirken, müssen den Seen basische Stoffe wie Kalk hinzugefügt werden.
Ein weiteres großes Problem sind die enorm hohen Verdunstungsraten auf den großen, offenen Wasserflächen. Je größer und flacher der See, desto schneller erwärmt sich das Wasser und verdunstet in die Atmosphäre. So haben einige Tagebau-Restseen mit zu niedrigen Wasserpegeln zu kämpfen und sind auf zusätzliches Wasser angewiesen. Um dem entgegenzuwirken, kann es hilfreich sein, die Seeflächen möglichst klein und dafür etwas tiefer anzulegen. Dem entgegen steht, dass eher flache Böschungen notwendig sind, damit die Ränder nicht ins Rutschen kommen. Instabile Böschungen können bei ehemaligen Tagebauen auch noch nach Jahrzehnten zu lebensgefährlichen Erdreich-Rutschungen führen. Insbesondere die Probleme des Wasserhaushalts werden zusätzlich durch die Klimakrise verstärkt: trockenere und heißere Sommer führen zu noch höheren Verdunstungsraten. Gleichzeitig fehlt Wasser in den Oberflächengewässern, um die Seen ggf. mit zusätzlichem Wasser zu versorgen.

 

Auswirkung des Braunkohletagebaus auf Boden und Wasserhaushalt am Beispiel der Lausitz. Quelle: Kohleatlas Sachsen (2020).

Eins ist sicher: Da nicht genügend Boden vorhanden ist, um alle Tagebau-Restlöcher aufzufüllen, sind die Flutungen bis zu einem gewissen Grad alternativlos. Durch den Kohleabbau wurde so massiv in den Wasserhaushalt eingegriffen, dass uns die Probleme noch Jahrzehnte nach dem Ausstieg beschäftigen werden. In diesem Zusammenhang spricht man nicht von einer Altlast, sondern von einer sogenannten „Ewigkeitslast“ [1]. Der Prozess der Rekultivierung ist enorm komplex und mit vielen Zielkonflikten verbunden. In Sachsen-Anhalt kommt erschwerend hinzu, dass die Verantwortung in den Händen des Privatunternehmens MIBRAG liegt und die Prozesse deshalb wenig transparent ablaufen. Zudem ist das Unternehmen zwar zur Rekultivierung verpflichtet, die Folgekostenabschätzung und Rückstellungsberechnung werden jedoch betriebsintern durchgeführt. Genaue Summen sind nicht bekannt, jedoch wurde wohl bislang nur ein Bruchteil der benötigten Gelder vom Konzern zurückgestellt. Aufgrund der hohen benötigten Summen und langen Zeiträume der Rekultivierung herrscht deshalb die Sorge um ein Ausfallrisiko – die bisherigen Pläne sind nicht insolvenzsicher [2].

Die Grünen Landtagsfraktionen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg haben in Reaktion auf eben jenes Ausfallrisiko im Juni 2023 den Entwurf einer Braunkohlefolgenstiftung für die ostdeutschen Reviere vorgestellt. Diese Stiftung soll dafür sorgen, dass die milliardenschweren Summen der Tagebau-Rekultivierung nicht letztlich durch öffentliche Gelder bereitgestellt werden müssen. Der Entwurf wird nun mit beteiligten Akteuren diskutiert und dem Bundestag vorgelegt. Mehr Informationen zur geplanten Stiftung finden sich hier.

Auf politischer Seite braucht es Folgendes, um die Rekultivierung möglichst nachhaltig und gerecht gestalten zu können:
•    Mehr Transparenz bei allen Planungs- und Entscheidungsprozessen gewährleisten, Unsicherheiten klar kommunizieren
•    Rekultivierungsplanung und Wassermanagement eng an aktuelle Entwicklungen sowie zukünftige Wasserverfügbarkeit in Zeiten der Klimakrise anpassen
•    Weitreichende Kostenübernahme für die Rekultivierung durch das Bergbau-Unternehmen sowie Absicherung im Falle einer Unternehmensinsolvenz (Ausfallrisiko) sicherstellen, zum Beispiel durch Einrichtung einer Braunkohlefolgenstiftung

Hier mehr erfahren zum Kohletagebau in Profen: Tagebau Profen – Kohle auf Pump
Hier mehr erfahren zur Rekultivierung: Rekultivierung – vom Loch zum See
Zurück zur Wasserausstellung: Wasser in der Krise: Fokus Sachsen-Anhalt

 

Einzelnachweise:

[1]Dt. Bundestag (2020): Zur Wiedernutzbarmachung von Tagebau-genutzten Flächen. Online unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/908730/32e8e6ba6f555d9fe8e8932c17948878/WD-8-024-22-pdf-data.pdf

[2]Bündnis 90/Die Grünen Landtagsfraktionen Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg (2023): Braunkohlefolgenstiftung. Online unter: https://www.gruene-fraktion-sachsen.de/wp-content/uploads/2023/06/Braunkohlefolgenstiftung.pdf

Literatur und weiterführende Informationen:

Dt. Bundestag (2020): Zur Wiedernutzbarmachung von Tagebau-genutzten Flächen. Online unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/908730/32e8e6ba6f555d9fe8e8932c17948878/WD-8-024-22-pdf-data.pdf

Heinrich-Böll-Stiftung (2015): Kohleatlas - Weiterleben nur auf Pump. Online unter: https://www.boell.de/de/2015/06/02/natur-weiterleben-nur-auf-pump

LMBV (2016): Mitteldeutsches Braunkohlerevier Wandlungen und Perspektiven. Online unter: https://www.lmbv.de/medium/19-profen/

LMBV (2023): Wasserwirtschaftlicher Jahresbericht für 2022. Online unter: https://www.lmbv.de/wp-content/uploads/2023/05/Wasserwirtschaftlicher-Jahresbericht-2022.pdf

Weiterdenken (2020): Gestörter Wasserhaushalt in den Kohleregionen. Online unter: https://weiterdenken.de/de/2021/02/06/wasserhaushalt-kohleregionen