Entwässerte Moore – echte Klimakiller

Mittels Drainagerohren und Entwässerungsgräben wurden mittlerweile fast alle deutschen Moorflächen trockengelegt. Mit schwerwiegenden Folgen für Klima, Biodiversität und den Wasserhaushalt.

Entwässerte Moore. Greifswald Moor Centrum (o.J.)
Nasse Moore galten in der Moderne als Hemmnis für den Fortschritt. In Deutschland wurden sie seitdem zu großen Teilen in Nutzflächen umgewandelt. Mooratlas (2023)

Seit dem 17. und 18. Jh. werden Moore in Deutschland bzw. Sachsen-Anhalt systematisch entwässert, um die Flächen stattdessen für Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Siedlungen und den Torfabbau zu nutzen. Insbesondere die landwirtschaftliche Nutzung ist ein großer Treiber der Entwässerung: dreiviertel der Moorflächen werden durch Beweidung oder Ackerbau (v.a. Mais und Kartoffeln) bewirtschaftet. Mittels Entwässerungsgräben und Drainagerohren werden Grundwasserstände abgesenkt und den Mooren so das Wasser entzogen. Das Resultat: über 90 % der Moorflächen in Deutschland bzw. Sachsen-Anhalt sind entwässert. Als gesetzlich geschützte Biotope sind in Sachsen-Anhalt lediglich knapp 600 ha deklariert [1]. Ein großes Problem ist gleichzeitig, dass es auf Landesebene an flächendeckender Datengrundlage über den genauen Zustand sowie die Landnutzungen auf den verschiedenen größtenteils entwässerten Moorflächen mangelt. Hier gibt es eine Übersicht zur Verteilung der Moorflächen im Bundesland. 

Klimakiller Entwässerung

Treibhausgasemissionen aus Mooren von 1990 bis 2020: Umweltbundesamt (o.J.)

 

 

Bei der Entwässerung kommt der über Jahrtausende im Torf gebundene Kohlenstoff mit Sauerstoff in Verbindung und wird von Mikroorganismen abgebaut. Dabei werden enorme Mengen von klimaschädlichen Treibhausgasen – vor allem Kohlenstoffdioxid und Lachgas – in die Atmosphäre freigesetzt. Entscheidend für die Emissionen ist dabei der Wasserstand: je tiefer er abgesenkt wird, desto mehr Kohlenstoffdioxid wird freigesetzt.

So werden Moore von Klimaschützern zu Klimakillern: allein in Deutschland sind entwässerte Moore für circa 7 % der gesamten Treibhausgasemissionen verantwortlich [2 ]. Damit sind sie in Bilanz klimaschädlicher als der komplette innerdeutsche Flugverkehr [3 ]. In Sachsen-Anhalt verursachen entwässerte Moore jährlich rund 2,3 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen. Das ist in etwa so viel, wie durch den gesamten Heizöl- und Erdgasverbrauch privater Haushalte im Bundesland freigesetzt wird [4 ]! 

Zudem verschlechtern sich durch die Entwässerung die Bodeneigenschaften drastisch: Es kommt unter anderem zu Sackungen und Verdichtung des Moorkörpers, die Standorte verlieren ihren „schwammartigen“ Charakter. Da der Wasserhaushalt enorm gestört ist, kommt es vor allem im Oberboden zur Ausbildung sogenannter Stauschichten: einerseits kann so Niederschlag schlechter versickern, gleichzeitig besteht die Gefahr, dass sich im Boden Staunässe bildet. So werden Moorflächen schlechter für die Bewirtschaftung und verlieren als Ökosystem ihren wichtigen Regulierungscharakter. Vor Hochwasser können sie dann beispielsweise keinen Schutz mehr bieten.

Wird mit der Entwässerung und ackerbaulichen Nutzung von Moorflächen begonnen, muss über die Zeit mehr und mehr entwässert werden. Eigene Darstellung nach Deutscher Verband für Landschaftspflege (2019)

Fest steht: Der aktuelle Moorschutz ist nicht ausreichend, um die deutschen und europäischen Klimaziele zu erreichen. Während intakte Moore uns helfen, die Folgen des Klimawandels einzudämmen, sind entwässerte Moore zusätzliche Treiber der Klimakatastrophe. Die Entwässerung der Moore ist somit auch volkswirtschaftlich unrentabel: Die Klimafolgekosten der landwirtschaftlichen Nutzung entwässerter Moore belaufen sich in Deutschland auf jährlich 7,2 Milliarden Euro. Das entspricht beinahe der Wertschöpfung des gesamten dt. Landwirtschaftssektors im Jahr 2018 [5]. Aktuell begünstigen jedoch die EU-Subventionen im Rahmen der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) weiter die klimaschädliche Bewirtschaftung auf entwässerten Standorten. Hier zeigt sich: 1 € Subventionen verursachen schätzungsweise umgerechnet 54 € Klimafolgekosten [6].
Um nicht weiter diese horrenden gesellschaftlichen Kosten zu verursachen, gibt es nur eine Lösung: die entwässerten Moore müssen wiedervernässt und renaturiert werden. (Hier weiterlesen)

 

Entwässerte Moore machen in Deutschland nur 7 Prozent der Landwirtschaftsfläche aus. Aber kosten fast soviel wie die Landwirtschaft insgesamt einbringt. Mooratlas (2023)
Einzelnachweise:

[1] https://mwu.sachsen-anhalt.de/artikel-detail/sachsen-anhalt-plant-vorerst-drei-pilotprojekte-zur-renaturierung-von-mooren

[1] https://mwu.sachsen-anhalt.de/artikel-detail/sachsen-anhalt-plant-vorerst-drei-pilotprojekte-zur-renaturierung-von-mooren

[2] https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgas-emissionen-in-deutschland/emissionen-der-landnutzung-aenderung#bedeutung-von-landnutzung-und-forstwirtschaft

[3] https://www.bund.net/themen/naturschutz/moore-und-torf/klimaschuetzer-moor/

[4] https://mwu.sachsen-anhalt.de/artikel-detail/sachsen-anhalt-plant-vorerst-drei-pilotprojekte-zur-renaturierung-von-mooren

[5] https://www.boell.de/de/2023/01/10/trockengelegte-moore-so-viele-emissionen-wie-der-gesamte-deutsche-flugverkehr

[6] https://www.boell.de/de/2023/01/10/subventionen-fuer-klimakiller

Literatur und weiterführende Informationen:

BUND e.V. (o.J.): Wie Moore das Klima schützen. Online unter: https://www.bund.net/themen/naturschutz/moore-und-torf/klimaschuetzer-moor/

Deutscher Landesverband für Landschaftspflege e.V. (2019): Kooperativer Klimaschutz durch angepasste Nutzung organischer Böden – ein Leitfaden. Online unter: https://www.dvl.org/uploads/tx_ttproducts/datasheet/DVL-Publikation-Schriftenreihe-26_Kooperativer_Klimaschutz_durch_angepasste_Nutzung_organischer_Boeden.pdf

Greifswald Moor Centrum (o.J.): Moorwissen. Online unter https://moorwissen.de/

Heinrich Böll Stiftung (2023): Mooratlas - Daten und Fakten zu nassen Klimaschützern. Online unter: www.boell.de/mooratlas

MWU (o.J.): Sachsen-Anhalt plant vorerst drei Pilotprojekte zur Renaturierung. Online unter: https://mwu.sachsen-anhalt.de/artikel-detail/sachsen-anhalt-plant-vorerst-drei-pilotprojekte-zur-renaturierung-von-mooren

Politische Ökologie (2022): Moore – Trümpfe in der Klimakrise. Oekom Verlag e.V. Online unter: https://www.oekom.de/ausgabe/moore-80879

Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt (2022): Statistischer Bericht Energie- und Wasserversorgung. Halle (Saale), online unter: https://statistik.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Landesaemter/StaLa/startseite/Themen/Energie/Berichte/6E402_2019-A.pdf

Umweltbundesamt (2019): National Inventory Report for the German Greenhouse Gas Inventory 1990 – 2017. Berlin

Umweltbundesamt (o.J.): Emissionen der Landnutzung, - Änderung und Forstwirtschaft. Online unter: https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgas-emissionen-in-deutschland/emissionen-der-landnutzung-aenderung#bedeutung-von-landnutzung-und-forstwirtschaft