Wie die Klimakrise zur Wasserkrise wird

Durch menschliche Eingriffe wie Flächenversiegelung oder Entwässerung fehlt der natürlich Wasserrückhalt der Landschaft. Im Zuge der Klimakrise ändern sich Verfügbarkeit, Verteilung und Qualität unserer wichtigsten Ressource. Insbesondere in heißen und trockenen Sommern kann es zu Wasserknappheit und Verteilungskonflikten kommen.

Ausgetrocknetes Flussbett der Elbe bei Magdeburg. © Heiko Kueverling, Stock-ID: 1131223052

Wasser ist die Grundlage allen Lebens und die weltweit meistgenutzte Ressource. Es sorgt dafür, dass unser ‚blauer‘ Planet überhaupt bewohnbar ist. Doch lediglich 2,5 Prozent der gesamten Wasservorkommen sind Süßwasser, wovon ein Drittel als Grundwasser zur Verfügung steht. Deutschland gilt traditionell als ein wasserreiches Land. Doch spätestens ab 2018 wurden auch hier mit Dürre, Niedrigwasser und Waldbränden die Folgen der Klimakrise spürbar. Das vergangene Jahrzehnt (2011 – 2020) war das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen [1]. Durch die steigenden Temperaturen verdunstet mehr Wasser und es steht weniger für die Grundwasserneubildung zur Verfügung. Übers Jahr gesehen ändert sich vor allem die Verteilung der Niederschläge: während die Winter zunehmend feuchter werden, müssen wir uns künftig auf trockenere und heißere Sommer einstellen. Die Klimakrise zeigt sich als eine Wasserkrise. Diese Medaille hat zwei Seiten:  Einerseits nehmen Trockenperioden und Dürren zu, auf der anderen Seite gibt es mehr Starkregen. Treffen große Mengen von Regen auf ausgetrocknete Böden, kann das Wasser nicht versickern. Stattdessen fließt es schnell oberirdisch ab, wodurch das Risiko für Überschwemmungen steigt. Jahrzehntelang wurde stark in den natürlichen Wasserhaushalt eingegriffen – u.a. durch die Begradigung von Flüssen, großräumiger Entwässerung der Landschaften, Bodenverdichtung und Flächenversiegelung. Dadurch ist der Wasserhaushalt noch anfälliger gegenüber Trockenheit. Die Folge: Sinkende Grundwasserspiegel, Verschlechterung der Güte von Fließgewässern und negative Folgen für Ökosysteme und landwirtschaftliche Kulturen.


Diese Entwicklungen sind auch in Sachsen-Anhalt wasserwirtschaftlich bedeutsam. Das Bundesland zählt ohnehin zu den trockensten der Republik: Die mittleren Jahresniederschläge liegen mit 560 mm knapp 30 % unter dem Bundesdurchschnitt [2]. Die Verteilung der Niederschläge ist regional sehr unterschiedlich: während der Harz zu den regenreichsten Regionen zählt, sind insbesondere das Mitteldeutsche Trockengebiet (v.a. Mansfelder Land, Unstruttal), die Magdeburger Börde und die Altmark wahre Hotspots der Dürre. Die Grundwasserspiegel lagen 2023 landesweit im Schnitt 55 cm unter dem langjährigen Mittel. In einigen Regionen wie der Börde sogar drei Meter niedriger [3]. Vor allem zu Zeiten sommerlicher Trockenheit, wie sie 2018, 2019, 2020 und 2022 zu verzeichnen war, kann es zu Ziel- bzw. Verteilungskonflikten zwischen verschiedenen Wassernutzungen kommen. Den Flüssen und Ökosystemen mangelt es an Wasser, vor allem sensible Feuchtgebiete und auch Auenwälder leiden an Austrocknung. Gleichzeitig benötigen sowohl Industrie, Haushalte als auch die Landwirtschaft mehr Wasser, um ihren Bedarf an Kühl-, Prozess-, Trink-, oder Beregnungswasser zu decken. Kurzum: es ist weniger da, wenn mehr gebraucht wird.


Eine CORRECTIV Recherche hat jüngst gezeigt, dass der Streit um unsere Wasserressourcen zunimmt und auch immer häufiger vor Gericht ausgetragen wird [4]. Dabei geraten auch die größten Wasserentnehmer des Landes stärker in den Fokus: Platz 1 belegt dabei momentan die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (MIBRAG), welche jährlich rund 35 Millionen Kubikmeter Grundwasser aus dem Boden pumpt, um die Tagebaue zu entwässern [5]. Knapp 3 Millionen Kubikmeter der Gesamtentnahme werden vom Konzern genutzt, für den großen Rest bezahlt der Konzern keinen Cent. Getoppt würde die MIBRAG nach ersten offiziellen Schätzungen nur vom geplanten Intel-Werk in Magdeburg. Mit rund 6,5 Millionen Kubikmeter jährlich wäre Intel mit Abstand der größte industrielle Wassernutzer des Landes [6]. Selbst das umstrittene Tesla-Werk in Brandenburg entnimmt weniger Wasser. Das von Intel genutzte Wasser wird vom Wasserwerk Colbitz kommen, das wiederum Grundwasser aus der Colbitz-Letzlinger Heide bezieht [7].


Es ist wichtig zu verstehen, dass es beim Streit ums Wasser nicht immer nur um reine Mengen geht. Unterschiedliche Nutzungsansprüche gehen mit unterschiedlichen Wasserqualitäten einher: Die Trinkwasserversorgung und aquatischen Ökosysteme sind auf sauberes Wasser angewiesen. Insbesondere durch die industrielle Landwirtschaft mit hohem Düngeeinsatz sind die Grundwasserkörper vielerorts jedoch durch Nitrat und andere Schadstoffe belastet. Kühlwasser für Kraftwerke muss tatsächlich kühl sein. Wenn es wieder in die Gewässer eingeleitet wird, hat es eine höhere Temperatur. Doch auch viele Fische brauchen kühles Wasser in ihrem Lebensraum, weshalb die Wiedereinleitung von industriell genutztem Wasser zu ökologischen Problemen führen kann. Klar ist: Ziel- und Nutzungskonflikte ums Wasser werden in Deutschland und Sachsen-Anhalt künftig zunehmen. Um den Herausforderungen zu begegnen, ist ein veränderter und angepasster Umgang mit den Wasserressourcen nötig.

Einzelnachweise:

[1] Rakovec, O. et al. (2022): The 2018-2020 Multi-Year Drought Sets a New Benchmark in Europe. In: Earth’s Future, Volume 10, Issue 3

[2] Ministerium Für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt (MULE) (2020): Klimawandel in Sachsen-Anhalt – Monitoringbericht 2020.

[3] Mitteldeutsche Zeitung (2023): Bis zu drei Meter zu tief: Wo das Grundwasser besonders niedrig ist– und welche Folgen das hat. Online unter: https://www.mz.de/mitteldeutschland/sachsen-anhalt/duerre-trockenheit-hitze-wo-das-grundwasser-in-sachsen-anhalt-niedrig-ist-und-welche-folgen-das-hat-3658509

[4] CORRECTIV (2022): Ausgetrocknet – Deutschland kämpft ums Wasser. Online unter: https://correctiv.org/aktuelles/klimawandel/2022/06/14/klimawandel-konflikt-umwasser-in-deutschland/

[5] Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt Referat Wasser (2023). Antwort auf schriftliche Anfrage der Heinrich-Böll-Landesstiftung Sachsen-Anhalt vom Mai 2023

[6] MDR (2023): Intel Magdeburg könnte größter industrieller Wasserverbraucher Sachsen-Anhalts werden. Online unter: https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/magdeburg/magdeburg/intel-wasser-verbrauch-hoch-100.html

[7] Ottostadt Magdeburg (o.J.): Wasser. Online unter: https://invest.magdeburg.de/Umwelt/Wasser/

Literatur und weiterführende Informationen:

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (2023): Nationale Wasserstrategie

LAWA Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (2022): Umgang mit Zielkonflikten bei der Anpassung der Wasserwirtschaft an den Klimawandel

Ministerium Für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt (MULE) (2020): Klimawandel in Sachsen-Anhalt – Monitoringbericht 2020

Oekom e.V. (2023): Globale Wasserkrise – Lebenselixier unter Druck. Politische Ökologie, oekom Verlag, München