Grüne Fakten to go
Face the facts – die Klimakrise ist da und wir müssen JETZT mit aller Kraft politisch aber auch persönlich aktiv werden, um die Erderhitzung zu begrenzen. In unserer Schaufenster-Ausstellung „Grüne Fakten to go“ präsentieren wir daher gemeinsam mit dem Katapult-Verlag auf 15 Plakaten Fakten in besonders ansehnlicher und übersichtlicher Form. Informiert Euch über die Standorte aller Atomkraftwerke in der Welt (und über das Endlager, das in der Börde liegt). Erfahrt, wie viele funktionierende Althandys ungenutzt in deutschen Haushalten liegen (und wie ihr sie einer guten Nutzung zuführen könnt). Lest, welches Moor in Sachsen-Anhalt 2021 ein UNESCO-Biosphärenreservat wird und welche bedeutende Rolle Moore eigentlich für den Klimaschutz und die Biodiversität spielen.
Die Karten stammen aus dem Buch „102 grüne Karten zur Rettung der Welt“. Wir freuen uns sehr über die Kooperation mit dem Katapult-Verlag und bringen 15 ausgewählte Motive in Eure Schaufenster vor Ort – ob Café, Fahrradladen oder Kino. Mit der Ausstellung wollen wir Zusammenhänge in der Stadt sichtbar machen, zum Nachdenken und Diskutieren einladen und natürlich zum Handeln anregen. Kommt vorbei!
Fakt 1
Kohle
746 Unternehmen weltweit betreiben Kohlekraftwerke, fördern Kohle, handeln damit oder sind Zulieferer – die meisten sitzen in China, Indien, den USA und Australien. 400 davon wollen ihre Aktivitäten ausweiten. In 95 Ländern sind Kohlekraftwerke in Betrieb und in 60 weiteren Kohleanlagen geplant.
Deutschland steigt bis 2038 schrittweise aus der klimaschädlichen Kohle aus. Knapp ein Dutzend Steinkohleanlagen und ein Braunkohleblock im Rheinischen Revier machen den Anfang und dürfen seit 2021 keine Energie mehr vermarkten.
In Sachsen-Anhalt fördern derzeit noch zwei Bergbauunternehmen, die MIBRAG mbH (Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH) und die ROMONTA GmbH an ihren Standorten im Süden des Landes jährlich bis zu 8 Millionen Tonnen der besonders klimaschädlichen Braunkohle, die vor allem zur Energieerzeugung (Strom und Fernwärme) genutzt wird. Der Anteil der Braunkohle an der Gesamtstromerzeugung in LSA lag in den vergangenen Jahren bei rund 25 Prozent.
Für einen schnelleren Umstieg zu mehr klimafreundlicher Stromerzeugung kann jede*r etwas tun: ein Wechsel des Stromanbieters hin zu einem Ökostromanbieter ist dabei nicht mal unbedingt teurer. Informieren kann man sich zum Beispiel hier.
Warm Werden
Das Jahr 2020 ist in Deutschland mit einer Jahresmitteltemperatur von 10, 4 Grad Celsius das zweitwärmste Jahr seit Beginn flächendeckender Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Geringfügig wärmer war nur das Jahr 2018 mit 10,5 °C gewesen.
Der Deutsche Wetterdienst beobachtete hierzulande neun der zehn wärmsten Jahre im 21. Jahrhundert, davon die vier wärmsten Jahre in der zurückliegenden Dekade 2011-2020. Diese Dekade war zugleich die wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Charakteristisch für das vergangene Jahr war zudem: 2020 war sehr sonnenscheinreich und das dritte Jahr in Folge, das zu trocken war.
In Bad Lauchstädt bei Halle erforschen Wissenschaftler*innen des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in der Forschungsstation GCEF (Global Change Experimental Facility) im derzeit flächenmäßig größten Klima-Landnutzungs-Experiment der Welt, wie sich der Klimawandel auf Ökosystemprozesse in vier verschiedenen Landnutzungsformen auswirkt. Im Interview erklärt Dr. Martin Schädler, wie dieses Experiment funktioniert und was die ersten Erkenntnisse sind.
Fakt 3
Überflutung
Angenommen, alle Gletscher und Polkappen würden schmelzen, dann stiege der Meeresspiegel um etwa 70 Meter. Das besagt eine Schätzung des amerikanischen National Snow and Ice Data Center. Das Ganze ist aber nur ein Gedankenexperiment. Realistischen Prognosen des Weltklimarates zufolge könnte der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 um 29 bis 59 Zentimeter steigen, selbst wenn wir effektiv gegen den Klimawandel vorgingen. Unternehmen wir keine nennenswerten Anstrengungen, könnte der Anstieg bis zu 110 Zentimeter betragen. Studien anderer Forscher warnen sogar vor über zwei Metern. Sorry, Emden!
Fakt 4
Vogelsterben und Windkraftanlagen
Windkraftanlagen töten viele Vögel? Ja. Jäger, Katzen und Hochhäuser aber noch viel mehr. Kleinvögel fliegen durchschnittlich 30 Kilometer pro Stunde – andere Vögel sogar doppelt so schnell. Der Aufprall auf eine Glasscheibe ist bei dieser Geschwindigkeit in der Regel tödlich. Auch bei Windkraftanlagen sterben die meisten Vögel, weil sie gegen den Mast prallen, und nicht, weil sie vom Rotor getroffen werden. Wenn Windkraftanlagen farbig angestrichen werden, fliegen deutlich weniger Vögel dagegen.
Da der Ausbau der erneuerbaren Windenergie zentral für eine zukunftsfähige klima- und artenschutzschonende Wirtschaft ist, haben der NABU und die Bundestagsfraktion der GRÜNEN 2020 einen Vorschlag erarbeitet, um den Windenergieausbau zu beschleunigen und den Artenschutz zu wahren. Den Link dazu findet ihr auf unserer Homepage.
Fakt 5
Fahrradwege
Was braucht eine Stadt, um fahrradfreundlich zu sein? Geld und Platz. In den letzten Jahren haben deutsche Großstädte für den Radverkehr zwischen 2,30 (München) und fünf Euro (Stuttgart) jährlich pro Kopf ausgegeben. Berlin und Hamburg liegen mit 4,70 bzw. 2,90 Euro im deutschen Mittelfeld.
Die Bundesrepublik investiert nur geringfügig in den Radverkehr. Aus dem Haushalt des Bundesverkehrsministeriums von knapp 28 Milliarden Euro im Jahr 2018 flossen 130 Millionen Euro in den Fahrradbereich – das sind 1,57 Euro pro Einwohner. Die Niederlande investierten im selben Zeitraum 2,6-mal so viel in ihre Radinfrastruktur: 345 Millionen Euro.
Mit dem Projekt Volksentscheid Fahrrad hat Berlin im Jahr 2015 eine Bewegung angestoßen, die von vielen Städten als „Radentscheid“ übernommen wurde. Ziel ist, dass Städte fahrradfreundlicher werden, individueller Autoverkehr reduziert wird und die Lebensqualität für alle steigt. Auch in Magdeburg wurde 2020 von zivilgesellschaftlichen Initiativen ein Radentscheid angestoßen – wir wünschen viel Erfolg!
CtA: Mitradeln bei Critical Mass ist übrigens nicht nur gut für die eigene Gesundheit, sondern demonstriert auch für eine nachhaltige Verkehrswende in den Städten von Sachsen-Anhalt.
Fakt 6
Fleischkonsum
Gehen drei Menschen in ein Restaurant. Einer bestellt ein Fleischgericht, einer ein vegetarisches und einer einen Mehlwurm-Burger. Die Mahlzeiten haben alle einen Energiegehalt zwischen 915 und 940 Kilokalorien. Jeder wird satt. Der Unterschied: Derjenige, der den Wurmburger isst, verursacht am wenigsten Kohlendioxid, nämlich nur 160 Gramm. Für den Vegetarier fallen 470 Gramm an, der Fleischesser erzeugt 2.020 Gramm. In vielen Regionen der Erde verzehren Menschen Insekten, vorwiegend in Asien. Weltweit gibt es über 2.100 essbare Arten.
Wusstest Du, dass allein die fünf größten Fleisch- und Milchkonzerne so viele schädliche Klimagase emittieren wie der größte multinationale Ölkonzern der Welt?
Fakt 7
Erneuerbare Energien
Im Norden und im Süden Europas ist die Verwendung erneuerbarer Energien weiter fortgeschritten als in Deutschland. Einige Länder wie etwa Norwegen können aufgrund geografischer Gegebenheiten Wasserkraft stärker nutzen. In anderen, südlichen Ländern scheint hingegen häufiger die Sonne. In Deutschland wächst der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch: Im Jahr 2000 lag ihr Anteil noch bei sechs Prozent, im Jahr 2018 waren es schon 37,8.
Während wir beim Anteil der Erneuerbaren im Bereich des Stromsektors im Jahr 2019 weiter auf 40,02 Prozent angestiegen sind, liegt der Anteil der erneuerbaren Energien bei den Sektoren Wärme und Verkehr noch auf sehr niedrigem Niveau – hier muss sich schnell deutlich mehr tun, wenn wir das 1,5°C Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens noch halten wollen.
Fakt 8
Moore
Moore sind Schatzkammern biologischer Vielfalt und Superspeicher für CO², dennoch sind die meisten Moorgebiete in Deutschland verschwunden, weil sie für die Land- und Forstwirtschaft trockengelegt wurden. Moore stoßen bei ihrer Entwässerung viel schädliches Kohlendioxid aus, während sie in nassem, intaktem Zustand enorme Mengen CO² aus der Atmosphäre speichern. In Sachsen-Anhalt beträgt der Anteil der Moorfläche nur 0,0249%. Eines davon wird jedoch 2021 zum UNESCO-Biosphärenreservat - der Drömling, eine in Deutschland einzigartige Niedermoorlandschaft im Westen von Sachsen-Anhalt, die derzeit wiedervernässt wird.
Moorschützer*in werden? Ein Weg, Moore zu schützen, ist den (internationalen) Torfabbau zu bremsen oder mit MoorFutures-Kohenstoffzertifikaten für die Wiedervernässung trockengelegter Moore zu sorgen.
Der BUND hat einen übersichtlichen Einkaufsführer für torffreie Blumenerde veröffentlicht.
Kreislaufwirtschaft
Drei Ideen für den Umgang mit alten Handys: 1. in der heimischen Schublade liegen lassen; 2. beim Recyclinghof abgeben, weil die darin enthaltenen Ressourcen wiederverwendet werden können und die Akkus giftige Stoffe enthalten; 3. Beim NABU abgeben. Die Handys werden mit Partnerorganisationen wiederaufbereitet und verkauft. Ein Anteil aus den Umsatzerlösen fließt in den NABU Insektenfonds.
Was ist eigentlich Kreislaufwirtschaft und was kann man als Verbraucher*in tun, um das System der Kreislaufwirtschaft zu unterstützen? Dies verrät Susann Krause (Umweltbundesamt, UBA) in unserem Interview.
Fakt 10
Treibhausgase
Deutschlands Problemfelder sind laut Klimaschutzindex (CCPI 2021) zu schwache Ausbauziele für erneuerbare Energien, viel zu wenig Fortschritt im Verkehrssektor sowie ein noch immer hoher Energieverbrauch und auch hohe Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase pro Einwohner. Deshalb reiche es im Gesamtergebnis nur für die Bewertung "mittelmäßig". Deutschland liegt hinter Staaten wie Indien, Chile und Marokko. Auf den vorderen Plätzen sind Schweden, Großbritannien und Dänemark zu finden.
Für eine klimaneutrale Welt dürfte jeder Mensch übrigens nur eine Tonne CO² pro Jahr emittieren.
CtA: Für den persönlichen Schnellcheck gibt es den CO²-Rechner vom Umweltbundesamt!
Fakt 11
Fläche
Seit den Achtzigerjahren verbraucht die Menschheit mehr natürliche Ressourcen, als die Erde hergibt, ohne Schaden zu nehmen. In Deutschland geht dabei über ein Drittel für Ernährung drauf - und davon 80 Prozent für tierische Lebensmittel. Dahinter folgen Wohnen, Mobilität und Konsum. Trotzdem hat jeder Mensch einen eigenen ökologischen Fußabdruck. Das ist die Fläche, die er umgerechnet für seinen Lebensstil in Anspruch nimmt.
Um das zu messen, wird der Globale Hektar als Einheit verwendet. Ein Globaler Hektar entspricht einem Hektar Erdoberfläche mit durchschnittlicher biologischer Produktivität – ein Hektar Regenwald ist produktiver als ein Hektar Wüste. Diese Fläche ist natürlich begrenzt. Rechnerisch stehen jedem Menschen nur 1,7 Globale Hektar zur Verfügung. Wenn Länder diesen Wert überschreiten, verbrauchen ihre Bürger mehr Ressourcen, als unser Planet zur Verfügung stellen kann. Im Jahr 2019 hat die Weltbevölkerung fast das Doppelte an Globalen Hektar beansprucht.
Fakt 12
Atomkraftwerke und Endlagerung
11 von 17 Atomkraftwerken sind seit 2011 in Deutschland abgeschaltet worden, bis Ende 2022 werden die letzten Kernkraftwerke in Deutschland abgeschaltet sein. Sie werden 1900 Castoren voll mit hoch strahlendem Müll hinterlassen – der für lange Zeit sicher gelagert werden muss. 90 Gebiete in Deutschland haben nach Erkenntnissen der Bundesgesellschaft für Endlagerung günstige geologische Voraussetzungen. Bis 2031 soll das Auswahlverfahren abgeschlossen und eine Entscheidung über den Endlagerstandort durch den Deutschen Bundestag getroffen werden. Ab 2050 sollen Behälter mit strahlendem Abfall unterirdisch eingelagert werden.
In Morsleben im Landkreis Börde betreibt die Bundesgesellschaft für Endlagerung das Endlager Morsleben. Nach langen Auseinandersetzungen und per Gerichtsbeschluss wurde 1998 die Einlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen in das über 100 Jahre alte Kali- und Salzbergwerk gestoppt. Derzeit lagern etwa 37.000 Kubikmeter nukleare Abfälle hier. Sie sollen mit dem Inventar stillgelegt werden, dennoch gehen von ihnen noch für lange Zeit Gefahren aus.
Fakt 13
Erdüberlastungstag
Im Jahr 1979 fiel der sogenannte „Earth Overshoot Day“ auf den 29. Oktober. 1989 auf den 11. Oktober, 1999 auf den 29. September, 2009 auf den 18. August und 2019 auf den 29. Juli. Der Tag soll symbolisch darauf aufmerksam machen, ab wann wir im Sine der Nachhaltigkeit in der Kreide stehen - also bspw. mehr Brennmaterial und Nahrungsmittel verbrauchen, als weltweit nachwachsen und hergestellt werden können.
Das lässt sich auch für die einzelnen Länder berechnen. Ärmere Staaten mit niedrigem Konsum wie Indonesien, Ecuador oder Nicaragua leben erst im Dezember auf Pump, in Katar und Luxemburg ist es schon im Februar so weit. Das liegt auch daran, dass diese beiden Länder den Großteil der Lebensmittel importieren. Macht höhere CO2-Emssionen und schlechte Stimmung.
Fakt 14
Plastikflut
Deutschland produziert so viel Verpackungsmüll wie kein anderer EU-Staat. Bei Kunststoffverpackungsmüll liegt Deutschland auf Platz drei in der EU.
Auch wenn Recycling von Kunststoffen betont wird, ist dies nur mit einen Bruchteil des Kunststoffmülls überhaupt möglich. Rund eine Million Tonnen Plastik werden stattdessen exportiert. Mehr als die Hälfte aller Plastikabfälle der Welt ging jahrelang nach China. Seit die Volksrepublik 2018 einen Importstopp verhängte, werden andere asiatische Staaten als Müllauffangstationen genutzt.
Weil 99 Prozent aller Kunststoffe aus fossilen Brennstoffen wie Öl, Gas und Kohle hergestellt werden, sind die klimaschädlichen Emissionen entlang des Lebenszyklus enorm.
Der Plastikatlas erklärt die daraus resultierenden Probleme.
Fakt 15
Bahnstrecken
In Deutschland wurden seit 1990 über 6.500 Kilometer Schienen stillgelegt, also ein Fünftel des gesamten Schienennetzes. Davon war besonders der Osten betroffen: 40 Prozent aller geschlossenen Strecken liegen in den neuen Bundesländern.
Dabei liegen im Personen- und Güterverkehr auf der Schiene enorme Klimaschutzpotentiale. Der Ausstoß von Treibhausgasen liegt pro Tonne und Kilometer auf der Schiene bei 18g, ein LKW stößt hier mit 112g mehr als das 6fache an Treibhausgasen aus. Daher ist es sowohl für das Klima als auch für die Anbindung der ländlichen Räume eine gute Nachricht, wenn Strecken, wie beispielsweise um die Region Zeitz, ausgebaut oder revitalisiert werden sollen, wie zum Beispiel die Strecke Schönebeck-Barby-Zerbst.