Landwirtschaft zu Trockenzeiten

Die Landwirtschaft ist durch zunehmende Trockenheit und Hitze bedroht. Der Bedarf an Beregnungswasser steigt, wodurch sich der Druck auf die Wasserressourcen weiter erhöht. Es braucht eine tiefgreifende Umstellung - vor allem in der Agrarpolitik. 

Ausgetrocknetes Maisfeld. © Krstrbrt, Stock-ID: 2191440123

Landwirtschaft spielt in Sachsen-Anhalt eine wichtige Rolle. Mehr als die Hälfte der Gesamtfläche des Landes wird landwirtschaftlich genutzt, rund ein Zehntel mittlerweile im Ökolandbau [1]. Besonders die Böden in der Magdeburger Börde zählen zu den fruchtbarsten Deutschlands. Doch die Folgen der Klimakrise sind für die landwirtschaftlichen Betriebe stark spürbar: Die trockenen und heißen Sommer ab 2018 mit monatelangem Ausbleiben der Niederschläge gepaart mit Hitzestress führten zu enormen Ertragseinbußen. Laut Klimaprognosen werden die Regenfälle auch künftig immer öfter außerhalb der Vegetationsperiode auftreten. Fällt der Niederschlag dann als Starkregen steht er den Pflanzen auch nur eingeschränkt zur Verfügung. Für einige Landwirt*innen, insbesondere auf sandigen, leichten Böden wie sie in der Altmark zu finden sind, ist dieses »neue Normal« existenzbedrohend.

Angesetzte Wasserentnahmen zur landwirtschaftlichen Bewässerung in Sachsen-Anhalt. Quelle: MWU (2023), Karte: Jonathan Schultz

Eine der Reaktionen darauf ist, dass mehr und mehr landwirtschaftliche Betriebe auf Bewässerung ihrer Flächen umstellen bzw. umstellen wollen. Dabei ist Feldberegnung ein kostspieliges Geschäft für die Landwirt*innen: aufwendige Genehmigungsverfahren, teure Gutachten, Investitionen in entsprechende Technik. Dies hat sich bisher meist nur für den Anbau von Kartoffeln, Gemüse oder Sonderkulturen gelohnt. Doch allein im Zeitraum 2018-2022 wurden für Beregnung auf landwirtschaftlichen Flächen jährlich im Schnitt Wasserentnahmen von knapp 25 Millionen Kubikmeter angesetzt. Dies entspricht einem Anstieg von 45 % im Vergleich zum Zeitraum der fünf Vorjahre [2]. Der größte Teil wird aus dem Grundwasser gedeckt. Die Angabe bezieht sich jedoch lediglich auf die entgeltpflichtigen Entnahmen ab 3.000 Kubikmeter. Diese Bagatellgrenze ist ein Hauptgrund dafür, dass Behörden von einer hohen Dunkelziffer ausgehen. Mit anderen Worten: Wie hoch der Wasserverbrauch der landwirtschaftlichen Beregnung genau ist, lässt sich nur schwer sagen.

Eine Landwirtschaft ohne Wasser ist nicht möglich. Gleichzeitig ist es auch die konventionelle Landwirtschaft selbst, die maßgeblich zur Verringerung und Verschlechterung der Wasserressourcen beiträgt: Großräumig entwässerte Felder, hoher Einsatz von Dünger und Pestiziden, Erosion auf großen, strukturarmen Schlägen. In 77 % der Oberflächenwasser- und 29 % der Grundwasserkörper lassen sich Auswirkungen auf den Gewässerzustand darauf zurückführen, dass die umliegenden Flächen landwirtschaftlich genutzt werden [3]. Die Agrarpolitik der EU fördert seit Jahrzehnten Hochleistungslandwirtschaft mit industriellen Monokulturen. Wie die Wasseraktivistin Franziska Herren (2023:60) analysiert: „Diese Subventionspraxis hat Agrarstrukturen hervorgebracht, die höchst verschwenderisch mit Wasser und Ackerland umgehen und dem trockeneren und wärmeren Klima nicht standhalten können“ [4]. Tatsächlich werden für die Feldberegnung überwiegend ineffiziente Großregner wie beispielsweise Trommelregenmaschinen eingesetzt. Wassersparende Bewässerungssysteme wie Kreisregner oder die besonders effiziente Tröpfchenbewässerung sind deutlich teuer in Anschaffung und Unterhaltung. Der Einsatz solch wassersparender Technologien wird bisher nicht oder zu wenig belohnt und ist deshalb für viele Landwirt*innen nicht rentabel.

12 kurze Lektionen über Böden. Aus dem Bodenatlas der Heinrich-Böll-Stiftung (2024): www.boell.de/de/bodenatlas

Um den Acker fit zu machen gegen die Trockenheit gibt es ein breites Spektrum an Anpassungsmaßnahmen. Ein zentraler Aspekt dabei ist der saisonale Wasserrückhalt. Ein Rückbau der Entwässerungsanlagen inklusive flexibler Staumöglichkeiten wie Dränteichen ist ebenso denkbar wie die Errichtung künstlicher Wasserspeicher zum Auffangen der Niederschläge. Kleine Erdwälle auf den Flächen halten Wasser vor dem oberflächlichen Abfluss zurück und erhöhen die Versickerung ins Grundwasser. Auf Betriebsebene liegen weitere Hebel in der Fruchtfolgegestaltung sowie der Auswahl der Kulturarten (trockenresistentere Pflanzen). Vor allem der Anbau von Zwischenfrüchten zur Dauerbegrünung schützt vor Erosion und schont den Boden. Humusanreicherung und konservierende Bodenbearbeitung erhöhen die Wasserspeicherfähigkeit zusätzlich und speichern zudem noch klimaschädliches CO2. Wenn Beregnung, dann sollten wassereffiziente Techniken und Systeme das Mittel der Wahl sein – beispielsweise Düsen anstelle von Regnern, Bewässerung über Nacht, mobil steuerbare Anlagen. Auch naturbasierte Lösungen wie der Umbau der Acker- und Wiesenlandschaften hin zu strukturreichen Flächen mit Hecken, Sträuchern und breiten (Blüh)Randstreifen helfen nicht nur dem Mikroklima und der Artenvielfalt, sondern auch dem Wasserhaushalt. Auch die Kopplung von Acker- und Forstkulturen innerhalb des sogenannten Agroforstsystems wird in diesem Zusammenhang zunehmend als wichtige Anpassungsmaßnahme anerkannt. Mehr erfahren zu Agroforst: https://agroforst-info.de/agroforstwirtschaft/

Die Handlungsmöglichkeiten auf Betriebsebene sind jedoch unter den gegebenen politischen, institutionellen und ökonomischen Rahmenbedingungen oftmals begrenzt. Auch hier gilt: Umstellung braucht Unterstützung. Nicht nur kostet es die Landwirt*innen Zeit und Geld, hinzu kommen Barrieren wie Pacht, Absatz, Vermarktung oder Bürokratie, die Prozesse erschweren können. Der Wasserbedarf in der Landwirtschaft wird künftig weiter zunehmen. Gleichzeitig ist und bleibt die regionale Produktion von Nahrungsmitteln von hohem gesellschaftlichem Interesse. Um einer Übernutzung und weiteren Verschlechterung der Wasserressourcen vorzubeugen, braucht es deshalb vor allem eine Umstellung in der Agrarpolitik. Da über die Hälfte unserer Flächen landwirtschaftlich genutzt sind, liegen hier nicht nur große Herausforderungen, sondern auch große Potentiale. Es wäre beispielsweise denkbar, Landwirtschaft als Wasserdienstleister*innen zu honorieren.

Interview Nachhaltig landwirtschaftlich produzieren in einem sich ändernden Klima? Das funktioniert! Wir sprachen mit Claudia Gerster vom Hof Sonnengut in Sachsen-Anhalt über den Umgang mit zunehmender Trockenheit, Starkregen und Wind: https://weiterdenken.de/de/2023/04/30/wasser-und-landwirtschaft-ein-betrieb-im-gespraech

Einzelnachweise:

[1] Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt (o.J.): Tabellen Agrarstruktur. Online unter: https://statistik.sachsen-anhalt.de/themen/wirtschaftsbereiche/land-und-forstwirtschaft-fischerei/tabellen-agrarstruktur

[2] Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt Sachsen-Anhalt [2023]: Antwort auf eine schriftliche Anfrage

[3] BMUV/UBA 2022. Die Wasserrahmenrichtlinie – Gewässer in Deutschland 2021. Fortschritte und Herausforderungen. Bonn, Dessau

[4] Herren, F. (2023): Die Wasserkrise ist hausgemacht. In Oekom e.V. (Hrsg.): Globale Wasserkrise – Lebenselixier unter Druck. Politische Ökologie, oekom Verlag, München, S. 59 – 65

Literatur und weiterführende Informationen:

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (2023): Nationale Wasserstrategie

CORRECTIV (2023): Wassermangel: Konsum der Landwirtschaft offenbar massiv unterschätzt. Online unter: https://correctiv.org/aktuelles/klimawandel/2023/02/02/wasser-konsum-der-landwirtschaft-unterschaetzt/

LAWA Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (2022): Umgang mit Zielkonflikten bei der Anpassung der Wasserwirtschaft an den Klimawandel

Oekom e.V. (2023): Globale Wasserkrise – Lebenselixier unter Druck. Politische Ökologie, oekom Verlag, München

Schulz, E., Scharun, C. (2023): Bestimmungsfaktoren für landwirtschaftliche Bewässerungsbedarfe und regionale Governance-Ansätze zur Konfliktreduktion in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Grundwasser - Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie (28), S. 189–205

Umweltbundesamt (o.J.): Landwirtschaftliche Beregnung. Online unter: https://www.umweltbundesamt.de/monitoring-zur-das/handlungsfelder/landwirtschaft/lw-r-6/indikator#beregnung-wird-lukrativer

Zukunftskommission Landwirtschaft (2021): Zukunft Landwirtschaft – eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe