Unser kleines feministisches ABC

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A wir Abtreibungsrecht in Deutschland

In Deutschland sind Schwangerschaftsabbrüche nach §218 Strafgesetzbuch grundsätzlich rechtswidrig.  Wer eine Schwangerschaft abbricht kann demnach mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden. Mit der Fristenlösung wurden jedoch Ausnahmen geschaffen. Straffreie Schwangerschaftsabbrüche sind nach der sog. Beratungsregelung, der medizinischen Indikation und der kriminologischen Indikation straffrei.

§218 wurde 1871 im Deutschen Reich in das Strafgesetzbuch aufgenommen und geht insbesondere auf patriarchale Machtansprüche sowie die Sorge um niedrige Geburtenraten zurück.

Die „Straffreiheit“ unter bestimmten Bedingungen sind Ergebnis schwieriger politischer Debatten der Nachkriegszeit. Feministische Bewegungen kämpfen seit Jahren die Abschaffung des Paragraphen. Die aktuelle Regierung möchte eine Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin einsetzen, um Regelungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches zu prüfen.

 

Mehr Informationen:

https://www.gwi-boell.de/de/2021/05/11/bevoelkerungspolitik-unter-dem-deckmantel-des-lebensschutzes-zur-geschichte-des-ss218

https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/abtreibungsparagraf-200096

https://www.tagesschau.de/inland/abtreibungsverbot-schwangerschaftsabbrueche-paus-101.html

 

B wie Beratungsregelung

Wer in Deutschland eine ungewollte Schwangerschaft straffrei beenden möchte, muss zunächst eine staatlich anerkannte Beratungsstelle aufsuchen. Das besagt die Beratungsregelung nach §218a Strafgesetzbuch. Die Beratung muss demnach unter Einhaltung einer 3-tägigen „Bedenkfrist“ erfolgen und schriftlich nachgewiesen werden. Außerdem darf sie nur innerhalb der ersten 14 Schwangerschaftswochen ab der letzten Menstruation durchgeführt werden. Ein Großteil der straffreien Schwangerschaftsabbrüche wird in Deutschland nach Beratungsregelung durchgeführt (95,8% im Jahr 2021). Eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse gibt es in der Regel nicht. Menschen mit geringem Einkommen können jedoch einen Antrag auf Kostenübernahme stellen.

Mehr Informationen:

https://www.gbe-bund.de/gbe/pkg_olap_tables.prc_set_hierlevel?p_uid=gast&p_aid=39301068&p_sprache=D&p_help=2&p_indnr=240&p_ansnr=60064588&p_version=2&p_dim=D.963&p_dw=19628&p_direction=drill

 

 https://www.boell.de/sites/default/files/2022-05/Factsheet-Abtreibung.pdf

 

F wie Fristenlösung

Die Fristenlösung im Abtreibungsrecht besagt, dass es einen Zeitraum ab der Empfängnis gibt, innerhalb dessen schwangere Personen straffrei die Schwangerschaft abbrechen können.

In Deutschland gilt seit 1993 eine Kombination aus faktischer Fristenregelung von 12 Wochen und einer Pflichtberatung in deren Rahmen Schwangerschaftsabbrüche straflos möglich sind. Sie gelten jedoch als rechtswidrig, weshalb die Krankenkasse die Kosten nicht übernimmt.

In der BRD wurde 1974 in der Reform des §218 StGB eine Fristenlösung von 12 Wochen beschlossen. Diese wurde jedoch vom Bundesverfassungsgericht gekippt. Als Begründung wurde angeführt, der Staat habe nach dem Grundgesetz die Pflicht menschliches Leben zu schützen. Seit 1976 galt in der BRD daher ausschließlich eine Indikationsregelung, nach der Schwangerschaftsabbrüche nur in einer medizinischen oder sozialen Notlage oder bei Vergewaltigungen möglich waren.

In der DDR galt seit 1972 eine Fristenlösung von 12 Wochen ohne Einschränkungen. Nach der Wiedervereinigung galten zunächst beide Gesetze parallel und wurden 1992 zu einer Kombination aus Beratungs- und Fristenregelung zusammengeführt. Demnach war vorgesehen, dass ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten 12 Schwangerschaftswochen mit einer Pflichtberatung straffrei und nicht rechtswidrig ist. Die Kosten sollte die Krankenkasse tragen. Auch dieser Beschluss wurde vom Bundesverfassungsgericht geändert. Seitdem gilt die aktuelle Regelung von 1993.

Mehr Informationen:

https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/abtreibung-verfassung-gericht-101.html

https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/abtreibungsparagraf-200096

 

 

H wie Haushaltstag

Der Haushaltstag war ein monatlicher, bezahlter, lohnarbeitsfreier Tag im Deutschland des 20. Jahrhunderts, der 1943 gesetzlich eingeführt wurde.

Seinen Ursprung hat er in der Arbeitszeitordnung von 1891, die den vorzeitigen Arbeitsschluss von Frauen an Sonn- und Feiertagen erlaubte. Im nationalsozialistischen Deutschland gab es für nichtjüdische deutsche Frauen einen unbezahlten Waschtag zugunsten der Kriegswirtschaft.

In der DDR wurde 1952 der monatliche Haushaltstag für verheiratete Frauen eingeführt. Ab 1965 galt er auch für unverheiratete Frauen mit Kindern unter 18 Jahren. Ab 1970 konnten ihn alle vollbeschäftigen Frauen und alleinstehende Männer in Anspruch nehmen.

In der BRD gab es den Haushaltstag zunächst nur in den Bundesländern Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. 1979 wurde er vom Bundesverfassungsgericht mit der Begründung er benachteilige Männer für verfassungswidrig erklärt.

Nach der Wiedervereinigung wurde der Haushaltstag in allen Bundesländern abgeschafft. 

 

I wie Indikationsregelung

Schwangerschaftsabbrüche bleiben in Deutschland neben der Beratungsregelung straffrei, wenn bestimmte Indikationen vorliegen:

Medizinische Indikation (§ 218a Abs.2 StGB): Diese liegt vor, wenn für die schwangere Person Lebensgefahr oder die Gefahr physischer oder psychischer Beeinträchtigung besteht. Das kann bspw. nach einer auffälligen Pränataldiagnostik der Fall sein, die eine erhebliche gesundheitliche Schädigung des Kindes oder der Frau nachweist. Die medizinische Indikation muss nach einem Beratungsgespräch und schriftlich von einer Ärztin*einem Arzt ausgestellt werden. Der Abbruch darf nicht von dem Arzt*der Ärztin durchgeführt werden, der*die die Indikation ausgestellt hat. Bei der medizinischen Indikation gibt es keine zeitliche Begrenzung. Die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen. In Deutschland wurden 2021 4,1% der Schwangerschaftsabbrüche nach medizinischer Indikation durchgeführt.

 Kriminologische Indikation (§ 218a Abs.3 StGB): Die kriminologische Indikation ist gegeben, wenn eine Schwangerschaft durch sexualisierte Gewalt, wie Vergewaltigung, Nötigung und Kindesmissbrauch entsteht. Das gilt für alle Personen, die unter 14 Jahren schwanger werden. Der Abbruch muss innerhalb der ersten 14 Schwangerschaftswochen durchgeführt werden. Es gibt keine Beratungspflicht, aber einen Anspruch auf Beratung. Die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen. In Deutschland wurden 2021 0,05% der Schwangerschaftsabbrüche nach kriminologischer Indikation durchgeführt.

Mehr Informationen:

https://www.gbe-bund.de/gbe/pkg_olap_tables.prc_set_hierlevel?p_uid=gast&p_aid=39301068&p_sprache=D&p_help=2&p_indnr=240&p_ansnr=60064588&p_version=2&p_dim=D.963&p_dw=19628&p_direction=drill

https://www.mdr.de/brisant/ratgeber/abtreibung-deutschland-108.html

https://www.familienplanung.de/schwangerschaftskonflikt/schwangerschaftsabbruch/schwangerschaftsabbruch-rechtslage-indikationen-und-fristen/#c5918

https://www.boell.de/sites/default/files/2022-05/Factsheet-Abtreibung.pdf

 

G wie Geld

Inwiefern Personen ihre reproduktiven Rechte wahrnehmen können ist auch eine Frage des Geldes. So müssen zum Beispiel Schwangerschaftsabbrüche nach Beratungsregelung aus eigener Tasche bezahlt werden. Das kostet je nach Praxis und Methode zwischen 200€ und 570€. Hinzu kommt der Tagessatz im Krankenhaus, wenn der Eingriff stationär erfolgt. Schwangere Personen, die als „sozial bedürftig“ gelten können einen Antrag auf Kostenübernahme stellen. Dabei müssen sie Vermögensnachweise erbringen. Diese Behördenanträge stellen jedoch eine grundlegende Hürde dar. Sie erfordern spezifisches Wissen, die Überwindung von Scham, mit der Menschen mit geringem Einkommen allzu oft kämpfen.

Mehr Informationen:

https://www.gwi-boell.de/de/2021/05/06/klassenkampf-im-uterus

https://www.familienplanung.de/schwangerschaftskonflikt/schwangerschaftsabbruch/die-kosten-eines-schwangerschaftsabbruchs/#c65076

 

R wie Reproduktive Gerechtigkeit

Reproduktive Gerechtigkeit ist ein aktivistisches und theoretische Konzept, dass reproduktive Rechte und soziale Gerechtigkeit zusammen denkt. Es wurde 1994 von Schwarzen Feminist*innen in Chicago auf einer Pro-Choice Konferenz entwickelt. Reproduktive Gerechtigkeit umfasst nicht nur das Thema Schwangerschaftsabbrüche, sondern auch Bevölkerungspolitik, Verhütungspolitik, Familien- und Rollenbilder, Reproduktionstechnologien, Geburt und vieles mehr. Das zeigt sich in den vier zentralen Grundsätzen:

  1. Das Recht, sich für Kinder zu entscheiden und die Formen der Schwangerschaftsversorgung und Geburtshilfe selbstbestimmt wählen zu können.
  2. Das Recht, keine Kinder zu bekommen und sicheren Zugang zu Verhütungs- und Abtreibungsmöglichkeiten zu haben.
  3. Das Recht, Kinder in selbstgewählten Umständen aufziehen zu können – frei von institutioneller, struktureller und interpersoneller Gewalt sowie unter guten sozialen, gesundheitlichen und ökologischen Bedingungen 
  4. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung.

Mehr Informationen:

https://www.gwi-boell.de/de/2021/03/15/reproduktive-gerechtigkeit-eine-einfuehrung

https://www.gwi-boell.de/de/150-jahrestag-des-ss218

https://www.rosalux.de/news/id/45455/reproduktive-gerechtigkeit

https://repro-gerechtigkeit.de/de/

 

S wie sichere Abtreibungsmethoden

Die WHO empfiehlt grundsätzlich zwei sichere Methoden zur Beendigung einer Schwangerschaft:

Der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch: Die Schwangerschaft wird durch die Einnahme von zwei Medikamenten innerhalb von 36-48h durchgeführt. Die Wirkstoffe sind Mifepriston und Prostaglandin. Das kann ambulant oder im Home-Use, bestenfalls durch telemedizinische Begleitung geschehen. Die Methode ist in 96-98% der Fälle wirksam und kann ca. von der 5. -9. Woche nach der letzten Menstruation durchgeführt werden. In Deutschland sind die Medikamente nicht in der Apotheke erhältlich, sondern nur in Arztpraxen und Kliniken die Schwangerschaftsabbrüche durchführen dürfen. Die Initiative „Women on Web“ unterstützt sichere Schwangerschaftsabbrüche, insbesondere in Ländern ohne legalen Zugang zu diesen. Sie verschicken die Medikamente und bieten telemedizinische Begleitung für „self-managed abortion“ an.

Der chirurgische Schwangerschaftsabbruch: Die Schwangerschaft wird durch den operativen Eingriff der Vakuumaspiration (Absaugung) beendet. Es wird ein schmales, steriles Röhrchen in den Gebärmutterhals eingeführt mit dem die Fruchtblase mitsamt Embryo abgesaugt wird. Das kann mit örtlicher Betäubung oder unter Vollnarkose geschehen und dauert ca. 15 min. Die Methode ist in nahezu 100% der Fälle wirksam und wird ab der 6./7  bis zur 14. Woche nach der letzten Menstruation durchgeführt. Der chirurgische Abbruch mittels Kürettage (Ausschabung) wird allenfalls als Ergänzung empfohlen, da er mit einer höheren Komplikationsrate verbunden ist.

Mehr Informationen:

 https://doctorsforchoice.de/unsere-arbeit/information/schwangerschaftsabbruch/methoden/

: https://www.womenonweb.org/en/

https://www.boell.de/sites/default/files/2022-05/Factsheet-Abtreibung.pdf

 

https://www.profamilia.de/fileadmin/publikationen/Reihe_Koerper_und_Sexualtitaet/schwangerschaftsabbruch.pdf

 

 

U wie Und jetzt?!

Die Abschaffung des §219a war zwar ein Schritt in die richtige Richtung, dennoch gibt es in Deutschland noch einige Hürden im Bereich der reproduktiven Gesundheit.

In vielen Regionen Deutschlands einen Versorgungsnotstand an Kliniken und Praxen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Seit 2003 ist die Anzahl an Kliniken, die Abbrüche vornehmen um 45% gesunken (von 2000 auf 1092 im 4. Quartal 2021). An manchen Orten müssen Schwangere 200km bis zur nächsten Praxis fahren.  Zudem fehlt der Nachwuchs. Schwangerschaftsabbrüche sind kein verpflichtender Bestandteil des Medizinstudiums, auch nicht der gynäkologisch fachärztlichen Weiterbildung. All das gefährdet unnötigerweise die Gesundheit schwangerer Personen, wobei marginalisierte Menschen noch stärker betroffen sind. Das liegt z.B. an der immer noch mangelnden Informationslage und den hohen Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch.

Organisationen wie die Doctors for Choice haben daher einen ganzen Katalog an Forderungen. Eine der grundlegendsten ist die Entkriminalisierung von Abreibungen durch die Streichung des §218. Die Strafandrohung verstärkt die Stigmatisierung und Tabuisierung des Themas, behindert dass sie Teil der medizinischen Aus- und Weiterbildung wird und führt zur Verunsicherung bei Ärzt*innen und einer höheren Gesundheitsgefährdung ungewollt Schwangerer.

Mehr Informationen: https://doctorsforchoice.de/ueber/forderungen/

 

W wie Werbeverbot

Das sog. „Werbeverbot“ für Schwangerschaftsabbrüche, bei dem es sich faktisch um ein Informationsverbot handelte, wurde in Deutschland im Juni 2022 abgeschafft. Nach §219a StGB galt als „Werbung“, wenn Ärzt*innen öffentlich darüber informierten Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen und/oder ausführliche Informationen über verschiedene Methoden des Schwangerschaftsabbruchs und deren Risiken bereitstellten. Als Strafmaß drohte ihnen eine Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren. Besonders Bekanntheit erlangte in diesem Zusammenhang der Fall von Kristina Hänel. Die Ärztin wurde nach §219a angezeigt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Ihr öffentlicher Protest belebte die deutsche Pro-Choice-Bewegung wieder. Im Jahr 2019 wurde der §219a StGB reformiert, sodass Ärzt*innen nun öffentlich mitteilen durften, Abbrüche durchzuführen. Außerdem führt die Bundesärztekammer seither eine öffentliche Liste der verfügbaren Ärzt*innen. Im Juni 2022 wurde 219a ersatzlos gestrichen. S

Mehr Informationen: https://www.gwi-boell.de/de/streichung-von-ss219

 

W wie weltweite Entwicklungen reproduktiver Rechte

Argentinien: In Argentinien sind Schwangerschaftsabbrüche seit Dezember 2020 straffrei. Schwangerschaften können nun bis zur 14. Schwangerschaftswoche beendet werden und die Kosten trägt das Gesundheitssystem. Möglich gemacht hat das eine von einer feministischen Bewegung getragenen, landesweite Kampagne, die seit 15 Jahren für das Recht auf sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung kämpft und Gesetzesentwürfe in Parlamente bringt. Das Netzwerk aus über 500 feministischen Organisationen ist hierzulande als „Grüne Welle“ bekannt, da ihr Erkennungszeichen grüne Kopftücher sind. Auch die Erfolge in Mexiko und Kolumbien wurden von der „Grünen Welle“ getragen.

Mexiko: Im September 2021 erklärte der Oberste Gerichtshof Mexikos ein absolutes Abtreibungsverbot für verfassungswidrig. Demnach darf die Abtreibung im Frühstadium einer Schwangerschaft sowie bei Vergewaltigung, Gefährdung der Gesundheit der Schwangeren oder lebensunfähigem Fötus nicht unter Strafe gestellt werden. Bislang waren Abtreibungen lediglich in Mexiko-Stadt sowie in den Bundesstaaten Oaxaca, Veracruz und Hidalgo bis zur zwölften Schwangerschaftswoche zulässig.

Kolumbien: In Kolumbien dürfen Menschen seit Februar 2022 bis zur 24. Schwangerschaftswoche ohne Angabe von Gründen den Fötus abtreiben. Zuvor war der Abbruch von Schwangerschaften im vorwiegend katholischen Kolumbien nur in besonderen Fällen erlaubt gewesen, etwa nach einer Vergewaltigung, Lebensunfähigkeit des Fötus oder bei Gefahr für das Leben der Mutter. 

Spanien: Im Mai 2022 wurde in Spanien ein neues Gesetz zum Thema  „reproduktive Gesundheit und sexuelle Rechte von Frauen“ verabschiedet. Künftig dürfen auch junge Frauen ab einem Alter von 16 Jahren ohne die Zustimmung der Erziehungsberechtigten einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen. Der Eingriff wird kostenlos in Krankenhäusern der öffentlichen Gesundheitsversorgung möglich sein, verbunden mit dem Recht auf eine mehrtägige Krankschreibung. Das neue Gesetz streicht auch die dreitägige Überlegungsphase nach dem Antrag auf einen Schwangerschaftsabbruch. Die Abtreibungspille sowie die „Pille danach“ werden zudem kostenfrei in allen staatlichen Gesundheitszentren ausgegeben und müssen nicht mehr kostenpflichtig in Apotheken erworben werden. Sexualunterricht wird nach dem Gesetzesentwurf demnächst auch an allen staatlichen Schulen und in allen Altersstufen zum Pflichtfach.

Irland: Irland hatte bis 2018 eine der strengsten Abtreibungsgesetzgebungen der EU. Schwangerschaftsabbrüche waren selbst bei Vergewaltigung, Inzest oder einer tödlichen Fehlbildung des Fötus verboten und schwangeren Personen drohten bis zu 14 Jahre Haft.

Das änderte sich durch den Kampf feministischer Aktivist*innen, die gemeinsam mit Menschenrechtsinitiativen und anderen Organisationen in großen Bündnissen das Recht auf sichere und von den Krankenkassen übernommene Schwangerschaftsabbrüche per Volksentscheid im Jahr 2018 erreichten. Neben der Forderung nach Selbstbestimmung aller Körper war die Forderung nach dem Recht auf Gesundheit zentral. Seit dem 13. Dezember 2018 sind legale Schwangerschatfsabbrüche bis zur zwölften Schwangerschaftwoche und bei bestimmten medizinischen Gründen auch später möglich.

USA: Am 24. Juni 2022 kippte der US-amerikanische Supreme Court das grundsätzliche Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch. Seitdem liegt die Entscheidung über das Abtreibungsrecht bei den einzelnen Bundesstaaten. Seit August 2022 sind Schwangerschaftsabbrüche in 17 republikanisch regierten Staaten ganz oder fast ganz verboten. Insgesamt ist der Zugang zu einem legalen und sicheren Schwangerschaftsabbruch in 26 von 50 Staaten ernsthaft bedroht.

Polen:. Seit Januar 2021 sind Schwangerschaftsabbrüche nur noch aus zwei Gründen erlaubt: Wenn die Gesundheit und das Leben der schwangeren Person in Gefahr ist oder die Schwangerschaft das Ergebnis von Inzest oder sexuellem Missbrauch ist. Medizinischem Personal drohen seitdem Haftstrafen von bis zu drei Jahren, wenn sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen.

Ungarn: Im September 2022 wurde in Ungarn ein Gesetz verabschiedet, nach dem sich Schwangere vor dem Abbruch die Herztöne des Embryos anhören müssen. In Ungarn gilt, ähnlich wie in Deutschland, eine Fristenlösung von 12 Wochen und eine Beratungspflicht.

Chile: In Chile scheiterte im November 2021 ein Gesetz zur Entkriminalisierung des Abtreibungsrechts im Abgeordnetenhaus. Das Gesetz sah die Legalisierung eines Schwangerschaftsabbruchs innerhalb der ersten 14 Schwangerschaftswochen vor. Seit 2017 sind Abtreibungen in Chile erlaubt, wenn das Leben der schwangeren Person in Gefahr ist, der Fötus keine Überlebenschance hat oder die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung ist. Ohne einen dieser Gründe droht Ärzt*innen und schwangeren Personen bei einem Schwangerschaftsabbruch bis zu fünf Jahre Gefängnis.

El Salvador: In El Salvador gibt es seit 1998 ein absolutes Abtreibungsverbot. Das gilt auch, wenn das Leben oder die Gesundheit der schwangeren Person in Gefahr ist. Auch Fehlgeburten und gynäkologische Notfälle werden als Mord eingeordnet und teilweise mit 30-50 Jahren Haft geahndet. Eine starke und Generationen verbindende feministische Bewegung kämpft in El Salvador für Gerechtigkeit und Selbstbestimmung.

Mehr Informationen:

https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/safe-abortion-day-sicherer-zugang-zu-schwangerschaftsabbruechen

https://reproductiverights.org/maps/abortion-laws-by-state/

https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ungarn-abtreibungen-101.html

https://taz.de/Schwangerschaftsabbrueche-in-Chile/!5819511/

https://www.ai-el-salvador.de/abtreibungsverbot.html

https://justiciaparabeatriz.org/#firma

 

Noch mehr Wissen: https://www.boell-bw.de/de/2023/01/12/sprache-und-wissen